Die Zukunft der Medien: Was KI, Fake News und soziale Spaltung miteinander zu tun haben
Dr. Matthias Zehnder ist promovierter Medienwissenschaftler, Journalist, Verleger und Digitalethiker. In unserem Gespräch analysiert er die großen Brücken zwischen Medien, Gesellschaft und Technologie – und zeigt, wie tiefgreifend Künstliche Intelligenz, Social Media und ökonomische Logiken unser Informationsverhalten verändern.
Künstliche Intelligenz als Filter der Realität
„Die Intelligenz steckt nicht im Computer, sondern am Computer,“ betont Zehnder. Künstliche Intelligenz wird zunehmend zum Vermittler zwischen Menschen und Information. Das Problem: Sie filtert Inhalte nach bestimmten Mustern – nicht nach Wahrheitsgehalt, sondern nach Wahrscheinlichkeit und Popularität. Damit entsteht eine Art Informations-Inzucht, in der Inhalte nicht mehr auf realer Recherche, sondern auf wiederverwerteten KI-Daten basieren. Wer kontrolliert die Realität, wenn Maschinen den Zugang zu Wissen strukturieren?
Warum Social Media unsere Demokratie herausfordert
Social Media ist mehr als nur Kommunikation: Es ist ein ökonomisches System, das auf Aufmerksamkeit basiert. Zehnder erklärt, wie Algorithmen gezielt negative Emotionen verstärken, um Nutzungsdauer zu erhöhen. Das führt nicht nur zu einer Überbetonung von Konflikten, sondern verstärkt auch gesellschaftliche Spaltung. Denn: Menschen meiden Informationen, die ihrer Weltsicht widersprechen. Die Folge sind isolierte Informationsblasen und zunehmende Radikalisierung.
Wie man Menschen aus der digitalen Blase holt
Was also tun, wenn selbst Freunde und Familie in verschwörungsideologischen Welten abgleiten? Zehnders Antwort ist einfach, aber tiefgreifend: „Begegnung in der realen Welt.“ Nur durch gemeinsame Erlebnisse, Gespräche und Erfahrungen können wieder Brücken gebaut werden. Medienethik beginnt nicht bei Regeln, sondern bei Beziehung.
Medienkompetenz statt Medienpanik
Fake News erkennt man nicht immer auf den ersten Blick. Zehnder empfiehlt: kritisch denken, Quellen prüfen, die eigene Wahrnehmung hinterfragen. Medienwissenschaft beginnt bei der Erkenntnis, dass ein Medium erst durch den Empfänger zum Medium wird. Was nicht verstanden oder bewusst konsumiert wird, bleibt schlicht Rauschen.
Der Mensch bleibt entscheidend
Trotz aller technologischen Entwicklungen bleibt Zehnder optimistisch: Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug. Die entscheidende Frage ist nicht, wie intelligent Maschinen werden, sondern wie bewusst Menschen damit umgehen. Verantwortung, Zielorientierung und kritisches Denken bleiben die Schlüssel für eine demokratische Zukunft.
Ein Gespräch, das zeigt: Die Debatte um Medien, Wahrheit und Technologie ist keine theoretische Spielerei – sie betrifft unseren Alltag, unser Zusammenleben und unsere Demokratie.